Vielleicht sind ihnen auch die
grünen Kreuze auf manchen Feldern und Wiesen aufgefallen.
Seit einigen Monaten
stehen sie dort.
Landwirte haben diese grüne
Kreuze aufgestellt. Sie sind Teil einer Protestaktion.
Die Landwirte protestieren so
gegen ein Gesetz, das „Agrarpaket“, das von der Bundesregierung beschlossen
wurde. Dabei geht es um den Einsatz von Pestiziden in Schutzgebieten, um Insektenschutz,
um Fördergelder und das Tierwohl-Label.
In der Tat, die
Landwirtschaft ist in der Diskussion. Verstärkt wurde das nochmal durch die
Corona-Pandemie. In den letzten Wochen haben wir von menschenunwürdigen
Arbeitsbedingungen gehört, es sind in meinen Augen auch Tierunwürdige Bedingungen
in der Fleischindustrie.
Der Begriff
„Fleischindustrie“ ist in meinen Augen irreführend. Es wird ja kein Fleisch
produziert, sondern Tiere verarbeitet.
„Tier- und Fleischverarbeitende Industrie“ wäre eine genauere Bezeichnung,
finde ich.
Diese und viele andere Gründe
führen dazu, dass immer mehr Menschen auf regionale Lebensmittelmittel
zurückgreifen. Auch der biologische Anbau dieser Lebensmitteln wird für
zahlreiche Verbraucher*innen immer wichtiger.
Und 10 Prozent aller
Deutschen verzichten inzwischen ganz auf Fleisch, immer mehr auch auf tierische
Produkte überhaupt.
Bio ist in.
Ob es zurzeit Jesu schon Bio-Bauern
gab, weiß ich nicht. Vermutlich waren damals alle Bauern Bio-Bauern… Es mag
natürliche Düngemittel gegeben haben, aber sicher keine chemischen Dünger und es gab keine Unkrautvernichter, kein
Glyphosat.
Und so wachsen eben Unkraut
und Weizen auf demselben Acker. Beide sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Der
Taumellolch, das Unkraut und der Weizen.
Unkraut und Weizen im
gleichen Boden – das ist kein gutes Zeichen.
Wenn so beides wächst, wird der Ertrag des guten Weizens geschmälert.
Daher meinen die Knechte des
Gutsherrn, das eine vom anderen unterscheiden zu können. Sie fragen den
Gutsherrn, ob sie das Unkraut, ausreißen sollen.
Dieser wehrt ab und sagt:
Nein, lasst beides bis zur Ernte stehen. Dann lässt es sich gut unterscheiden
und auch trennen.
Jesus erzählt den Menschen
dieses Gleichnis als Bild für das Himmelreich. Es ist ein Bild für das
Zusammenleben der Menschen, ein Bild für die Kirche, ja, es ist wohl auch ein
Bild für jede und jeden von uns.
Auf dem Acker, dem Feld, da
gibt es beides. Gutes und Schlechtes. In einer Gesellschaft, einer Kirche, in
mir selbst, gibt es Gutes und Schlechtes. Und beides lässt sich nicht so
einfach unterscheiden.
Wie nun mit dieser
Wahrnehmung, dieser Spannung umgehen?
Manche erleben einige Entwicklungen
in der Kirche als gefährlich für diese. Fragen nach der Weihe von Frauen, nach
mehr Teilhabe, nach Geschlechtergerechtigkeit. Fragen des Umgangs mit Menschen,
deren Biografie nicht den Vorgaben der Kirche entspricht, nehmen einige
Kirchenkreise als Gefahr wahr.
Wir sind in einer Phase der
Unsicherheit in der Kirche. In der Gesellschaft.
Der Synodale Weg und der
Streit darum ist beispielhaft.
Der Ruf nach schnellen
Lösungen kommt. So nach dem Motto:
Die Diskussion einfach
verbieten. So nach dem alten Grundsatz: „Roma locuta, causa finita“. Rom hat
entschieden, und damit basta. Fertig. Aus. Keine Diskussion mehr.
Dinge einfach verbieten,
herausreißen. Vorschriften verschärfen, Dinge nicht zulassen. Da steht dann das
Gesetz im Vordergrund und nicht der Mensch.
Einfache Lösungen sind
gefährliche Lösungen. Einfache Antworten auch.
Der Mensch von heute möchte
zurecht Transparenz von Entscheidungen, Klarheit in der Argumentation,
sorgfältiges Abwägen von Gründen.
Er möchte, dass wissenschaftliche
Erkenntnisse und die Kompetenz vor Ort mit eingebunden wird und nicht von oben
herab entschieden wird.
Was für eine Kirche, Bistum
gilt, gilt auch für mich. Ich kann das Evangelium auch auf mich beziehen.
Zum einen mit dem Blick auf
einen anderen Menschen.
Weil wir eine Erfahrung mit
einem Menschen gemacht haben, weil wir einmal sein Verhalten beobachtet haben
und es gedeutet haben.
Weil wir einmal einen
Konflikt hatten usw.
Die Gefahr besteht, dass wir
ihn festlegen, unsere Meinung haben.
Menschen neigen zu schnellen
Entscheidungen, zu Kurzschlusshandlungen.
Die Gefahr, schnell zu
urteilen und zu verurteilen, ist groß.
Und ich kann das Gleichnis
auf mein Leben direkt beziehen. Wenn ich in mir und meinem Leben, in meinen
Gedanken, meinem Herz, meiner Psyche Dinge wahrnehme, die mich aufregen.
Da kann es Argumente geben,
die miteinander ringen. Meinungen, Vorstellungen, Überlegungen. Vielleicht habe
ich Charaktereigenschaften in mir entdeckt, die ich nicht mag.
Ich finde, es ist gut, diese
Dinge nicht vorschnell zu bekämpfen, sondern anzuschauen und zuzulassen.
Das Gleichnis des Evangeliums
spricht eine Sprache der Vorsicht, der Geduld, der Zurückhaltung.
Zunächst gilt es, zu
beobachten, und dann, später erst, zu entscheiden.
Gleichnis sagt: Lass dir
Zeit. Warte ab, lass die Dinge eine Weile weiterlaufen.
Ja, überlass es einem
anderen, ein Urteil zu sprechen.
Mach dich nicht schuldig
durch ein vorschnelles Urteil.
Du musst nicht die Welt
retten, nicht das Feld, nicht die Kirche, nicht was weiß ich.
Und du musst dich selbst auch
nicht retten, denn denk dran:
es gib einen, der ist am
Kreuz für dich gestorben, der hat dich durch sein Kreuz erlöst.