Auf dieser Seite finden Sie in der Regel Gedanken zum Sonntag oder eine ausformulierte Predigt sowie ein Segensgebet.

Die Predigten hier können in Form und Inhalt von den Predigten im Gottesdienst abweichen.


Am ersten Sonntag im Monat findet um 9 Uhr in Borken und am dritten Sonntag im Monat um 11 Uhr in Homberg ein Kindergottesdienst statt.


Die Lesungstexte der Sonn- und Wochentage finden Sie unter:

Karfreitag

29. März 2024

Gedanken
Segen

Worauf schauen Sie heute?

Wohin richten Sie heute ihre Aufmerksamkeit?

 

Wo meine Aufmerksamkeit hingeht, dahin geht auch meine Energie.

Für das, was mir wichtig ist, setze ich Energie ein. Also auch Zeit, Gedanken, vielleicht auch Geld und Nerven.

 

Worauf richten wir heute unsere Aufmerksamkeit?

Heute, am Karfreitag. Jetzt in dieser Stunde.

 

Dieser besondere, einmalige Gottesdienst bietet vieles an, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten können.

 

Die erste Lesung – das Lied vom Gottesknecht.

Das ist die Beschreibung eines Menschen, der seinen Rücken hinhält.
Ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Durchbohrt, misshandelt.
Wegen uns, unserer Sünden. Da wird ein Mensch beschrieben,
der für uns, für Sie, Dich und mich, leidet.

Will ich auf diesem Menschen meine Aufmerksamkeit lenken?

 

Die zweite Lesung aus dem Hebräerbrief erzählt von einem Christus,
der schreit und unter Tränen die Anliegen vor Gott bringt.
Aber auch von einem, der mitleiden kann.

 

Und schließlich die lange Passion nach Johannes.

Die Verhaftung, der Prozess, die Kreuzigung und alles, was darum herum geschieht.

Verrat. Verleugnung. Stimmungsmache, die Macht des Volkes,
verzweifelte Versuche, den Angeklagten zu retten,
Versuche, sich selbst zu retten, ein Todesurteil.

Am Ende steht die Kreuzigung.

Ein schändlicher Tod.

Ein langsames, qualvolles Sterben, Tod durch Ersticken.

 

 

Worauf richten wir die Aufmerksamkeit?

Wie an keinem anderen Tag im Laufe des Jahres wird die Aufmerksamkeit auf das Leiden und Sterben gerichtet.

Auf das Leiden und Sterben eines Menschen.

Auf das Leiden und Sterben Gottes.

 

Und damit auf das Kreuz.

 

Diese Aufmerksamkeit geht so weit, dass wir eingeladen sind, das Kreuz „verehren“.
Eine Kniebeuge vor ihm zu machen,

 

Aber wem gilt die Verehrung?
Dem Kreuz? Dem Holz?

 

Oder gilt sie dem, der am Kreuz gestorben ist.

 

Ich denke, zweites.

Die Verehrung und damit die Aufmerksamkeit gilt dem, der am Kreuz starb.

 

Sie gilt einem, der Leiden und Tod auf sich nimmt.

Der nicht entflieht, sondern aushält, der leidet.

 

Wir verehren einen Gott, der leidet.

Er zeigt sich und sein Wesen im Mitleiden.

Nicht in der Flucht vor dem Leiden, nicht im Ausweichen.

Gott ist mitten im Leiden.

 

Wenn wir auf diesen leidenden Gott am Kreuz schauen,

dann dürfen wir in ihm auch auf Menschen schauen, die heute leiden müssen.

 

Die Menschen im zerbombtem Gazastreifen,
die Geiseln in den Händen der Hamas.

 

Die Menschen in den Städten und Dörfern der Ukraine.

 

Die Menschen, die unter Krieg und Bürgerkrieg leiden.

 

Die Menschen, die ihrer Menschenrechte und ihrer Menschenwürde beraubt sind.

 

Wir dürfen, wir müssen auf die Menschen schauen, die heute leiden.

Unfälle und tückische Krankheiten, verursachen Leiden.

 

Ich denke an einen Menschen, der 34 Jahre im Wachkoma lag.

Wachkoma wird durch schwerste Störungen im Gehirn verursacht.

Manche körperliche Funktionen wie die Atmung, sind aufrecht erhalten.

Die Menschen können sich aber weder bewegen noch kommunizieren.

Sie liegen oft regungslos im Bett. Oft jahrelang. Jahrzehntelang.

 

Mit 26 Jahren, nach einem Unfall,
fiel der Mann in diesen Zustand, ins Wachkoma. Nun, 34 Jahre später, ist er gestorben.

Leiden.

 

Viele leiden in dieser Zeit an gesellschaftlichen Entwicklungen.

Sie leiden an Armut, an Nicht-Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben.

Sie leiden an Ausgrenzung. In unserem Land teilweise staatlich verordnet:
Durch Sprache, durch Gesetze, durch die Kante am Gehsteig, der für Menschen im Rollstuhl nicht oder kaum zu erklimmen ist und der Gehsteig ist oft eh viel zu schmal.

 

Gesellschaft, Politik, auch Kirche fügt Menschen Leiden zu.

 

Das Leiden der Menschen, das Leiden des Menschen, ist vielfältig und vielschichtig.

Und: Leiden lässt sich nicht abwägen, nicht aufwiegen.

 

 

Worauf richten wir unsere Aufmerksamkeit?

 

Der Tag heute richtet die Aufmerksamkeit auf das Leiden Gottes,
und auf das Leiden der Menschen. Und es ist schmerzhaft, dies aushalten zu müssen.

 

So manches Leid könnten wir ändern, verhindern oder zumindest mindern.

Durch eine Beteiligung von Menschen mit Einschränkungen,
durch Offenheit in unserem Denken,
durch Weite und Inklusion in unserer Sprache,
durch bauliche Veränderungen, durch gerechtere Gesetze.

 

Und dennoch bleibt manchmal auch Ohnmacht.

 

„Ich konnte nicht helfen“ ist eine Aussage, die oft zu hören ist,
wenn Menschen einen anderen leiden sehen und mitansehen müssen,
dass sie am Ende scheinbar nicht helfen konnten.

Vielleicht ist die Anwesenheit von Menschen oft schon Hilfe genug.

 

Die Menschen unter dem Kreuz konnten auch nicht helfen.

Aber vielleicht war es für ihn und für die anderen,
die gekreuzigt wurden, eine Hilfe, dass sie da waren.

 

Vielleicht es für leidende Menschen heute eine Hilfe, dass wir da sind.

So wie damals die Menschen unter dem Kreuz.

 

Einfach da sein, unserer Verzweiflung und unser Zweifel bewusst,
schreiend oder still, in Gedanken bei ihnen und manches Gebet für sie sprechen.

Wir dürfen und müssen uns dafür einsetzen, dass das Leiden der Menschen geringer wird.

 

Auf den leidenden und sterbenden Gott und auf die leidenden Menschen dürfen wir heute unsere Aufmerksam lenken.



Peter Göb


 

Die drei Österlichen Tage bilden einen zusammenhängenden Gottesdienst.


Am Ende des Gründonnerstags wird daher kein Segen gespendet,

die Liturgie beginnt ohne Kreuzzeichen und endet ebenfalls ohne Segensritus.


Am Ende der Osternacht bzw. am Ende des Ostergottesdienstes wird dann der Segen zum Osterfest gespendet.